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Eine bewegende Vergangenheit

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Dr. Isidor Geller - der Onkel von Shelly Kupferbergs Großvater Walter und somit Shellys Urgroßonkel - der schillernde Isidor, ein Lebemann, Multimillionär und Kunstliebhaber, Kommerzialrat in Wien, 1938 von den Nazis in den Tod getrieben.   In ihrem Debüt, das im Diogenes Verlag erschienen ist, erzählt Shelly Kupferberg von ihren jüdischen Vorfahren, insbesondere von Isidor und Walter. Die Journalistin hat sich auf die Suche gemacht, hat sich auf die Spuren ihrer Vergangenheit begeben. Auf Spuren, die nach Ostgalizien, Wien, Budapest und sogar Hollywood führten.  Was für eine bemerkenswerte Erzählung!  Diese klare, elegante Sprache, die bildhaften Schilderungen. Ich bin begeistert! Das Buch hatte ich mir von Freunden ausgeliehen und werde es mir nun aber kaufen. So eine Lektüre möchte ich einfach selbst besitzen und vielleicht irgendwann nochmal lesen. Man merkt, ich bin sehr beeindruckt. Von mir gibt’s daher eine ganz klare Empfehlung für dieses Lese-Highlight.  www...

Federleicht und kurzweilig

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„Der Zauberberg“ von Thomas Mann - gefühlte 60 Jahre schlich Christine Westermann um ihn herum. Zeitgleich mit dem Schreiben ihres neuen Buches macht sie sich ans Lesen des etwa 1000 Seiten umfassenden Werks. Mit Beenden ihres Buches möchte sie auch mit Thomas Manns Zauberberg durch sein. Ob ihr das gelingt erfahren wir in „Die Familien der anderen“. Christine Westermann - Journalistin, Moderatorin und Autorin - erzählt in der Lektüre sehr kurzweilig aus ihrem Leben und    von ihrer Liebe zum Lesen. Nebenbei lässt sie Buchempfehlungen einfließen. Und immer wieder erfahren wir zwischendurch von ihrem Lesefortschritt bezüglich des Zauberbergs.  Mit 224 Seiten ist „Die Familien der anderen“ ein Buch, das sich leicht und schnell lesen lässt. Wer Christine Westermann kennt, der hat beim Schmökern bestimmt ihre Stimme im Ohr. Oder man widmet sich dem Hörbuch, welches die Autorin selbst liest.  Mir hat diese Art von Biografie gut gefallen. Ich mag Christine Westermann sehr ...

Magisch und melancholisch

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Du willst ein Buch, welches dich ab der ersten Seite in seinen Bann zieht, voller Magie, mit einem Hauch Nervenkitzel, eine berührende Lektüre, einfach zu lesen, einen Pageturner? Das alles trifft auf „Die Kunst des Verschwindens“ von Melanie Raabe zu. Ich kannte die Autorin bisher noch nicht, was vermutlich daran liegt, dass sie ausschließlich Thriller geschrieben hat. Ihr neuer Roman - diesmal kein Thriller - ist mir kürzlich auf der Spiegel-Bestsellerliste aufgefallen und mehrmals schon auf Instagram begegnet. Die Posts dazu haben mich sehr neugierig gemacht, und ich wollte das Buch unbedingt lesen. Innerhalb von drei Tagen habe ich es nun verschlungen, bin eingetaucht in das Leben von Nico und Ellen.  Die Fotografin Nicolette, genannt Nico, ist Anfang 30 und lebt in Berlin. Zwischen den Jahren begegnet sie zufällig der berühmten Schauspielerin Ellen Kirsch und fühlt sich fast magisch zu ihr hingezogen. Nach einigen Treffen verschwindet Ellen ganz plötzlich von einem Tag auf den...

Atmosphärisch sehr stark!

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Es gibt Bücher, da weiß man im Vorfeld schon, dass sie Bestseller werden. Dörte Hansens neuer Roman „Zur See“ gehört dazu - und das absolut berechtigt! Er erzählt von den Menschen einer Nordseeinsel. Menschen, die seit Generationen Seefahrer in ihren Familien haben. Die Familie Sander ist eine von ihnen. Jens, der Vogelwart, seine Frau Hanne und ihre erwachsenen Kinder.  Da ist Sohn Ryckmer, dem sein Kapitänspatent entzogen wurde, der in der Kneipe den Alltag vergessen will und von Killerwalen im Mittelmeer, von Portugiesischen Galeerenquallen, Elmsfeuern und grünen Lichtern auf See erzählt.  Tochter Eske, eine Altenpflegerin, die Heavy Metal braucht und auf Tätowierungen steht. Und Henrik, der Jüngste, der erste Sander, der kein Seefahrer wurde, der nicht mehr als seinen Strand und seine See braucht. Ein Künstler, immer auf der Suche nach Treibholz für seine Objekte, seine Treibgutwesen, mit denen er spricht wie mit seinem Hund und seinen Freunden.  Dörte Hansen erzählt ...

Ein Buch mit Längen

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In seinem neuen Roman „Lektionen“ erzählt Ian McEwan ein ganzes Leben. Das Leben von Roland Baines - als Jugendlicher von seiner Klavierlehrerin verführt, als Mann von der Ehefrau verlassen.   1958 wird er als 11-jähriger in ein Internat nach England geschickt, weit weg von seinen Eltern. Dort beginnt das, was prägend für sein Leben sein wird.  McEwan verwebt Rolands Geschichte gekonnt mit historischen Ereignissen aus sieben Jahrzehnten wie beispielsweise der Kuba-Krise, Tschernobyl, dem Mauerfall, 9/11 und der Pandemie.  Entstanden ist ein kluges, unterhaltsames Buch, das meiner Meinung nach jedoch Längen aufweist und durchaus mit ein paar Seiten weniger auskommen könnte. Auch die Zeitsprünge vor und zurück fand ich anfangs etwas anstrengend, sodass sich bei mir nach einem guten Start eine Leseflaute einstellte und ich somit für die ersten 300 Seiten zwei Wochen brauchte. Den Rest habe ich dann allerdings innerhalb von drei Tagen verschlungen. Plötzlich hatte mich der Ro...

Erschreckend und doch so großartig

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  Ursprünglich wollte ich dieses Buch erst lesen, wenn ich mein aktuelles beendet habe. Das hat allerdings nicht funktioniert, denn aus einem „Nur-mal-kurz-reinlesen" wurde ein „Ich-kann-nicht-mehr-aufhören". Die Geschichte hat einen Sog entwickelt, dem ich mich nicht mehr entziehen konnte.  Worum geht’s? „Lügen über meine Mutter“ ist ein Roman mit autobiografischen Zügen.  Vater, Mutter, Kind - eine Familie Mitte der 80er Jahre in einem kleinen Ort im Westen Deutschlands.  Daniela Dröscher erzählt von ihrer Familie, von ihrer Kindheit. Von einem Vater, der seine beruflichen und gesellschaftlichen Misserfolge seiner Frau zuschiebt und deren Übergewicht. Zwischen beiden Elternteilen steht Ela, die Tochter. Sie ist hin- und hergerissen, wird manipuliert, versucht zu vermitteln.  Das alles ist so schrecklich, dass man nicht weiß, ob man schreien oder lachen soll. Es macht einen wütend, zornig, traurig, sprachlos. Und trotz allem ist es ein großartiges Buch, das man...

Erstklassige Lektüre

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Um es gleich vorweg zu nehmen - ich bin begeistert von Ferdinand von Schirachs neuer Lektüre „Nachmittage“! Wie bereits „Kaffee und Zigaretten“ ist auch das neue Buch ein Erzählband - eine Sammlung aus 26 Essays, Notizen, Beobachtungen. Es sind Erzählungen aus dem Leben, aus verschiedenen Städten weltweit.  Manche ganz kurz, andere länger.  Facettenreiche Erzählungen, thematisch breit gefächert, mit oftmals unerwartetem Ende - teilweise erschreckend, verblüffend, manchmal auch ein wenig amüsant.  Ferdinand von Schirach schreibt wie immer mit einer Eleganz, sehr melancholisch. Kein Wort ist zu viel, kein Satz überflüssig.  Einfach brillant und absolut empfehlenswert! Die Lektüre ist im Luchterhand Verlag bei Penguin Random House erschienen und hat 176 Seiten. www.penguinrandomhouse.de/Nachmittage/Ferdinand-von-Schirach