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Brillant erzählt - Barbara Leciejewskis neuer Roman

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Wenn ein Buch zu Herzen geht, einen zu Tränen rührt und gleichzeitig zwischendurch schmunzeln lässt, wenn man es nicht mehr aus der Hand legen möchte bis zur letzten Seite - dann hat die Autorin vermutlich alles richtig gemacht. Barbara Leciejewski gelingt es auf jeden Fall immer wieder, mich zu packen und mitzunehmen. Diesmal durfte ich für kurze Zeit abtauchen und in die WG von Gunilla und ihren Mitbewohnern in München einziehen. Ich habe Gunillas Sohn Michel mit seiner etwas speziellen Art kennengelernt, die verschlossene Rose sowie Kurt-Georg, kurz KG genannt. Sie alle haben ihr Päckchen zu tragen und erzählen nach und nach aus ihrem Leben. Und dann ist da natürlich noch die Pianistin Anna. Sie ist die Hauptfigur der Geschichte. Vor sechs Jahren starb ihr Freund Jeremias bei einem Verkehrsunfall. Für Anna blieb die Welt damals stehen. Sie verließ ihre Wohnung nur noch wenn nötig und igelte sich ein. Doch dann melden die Vermieter Eigenbedarf an. Für Anna heißt das, sie muss die g...

Magische Momente im Café Sonnigsüß

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  Wenn man den Duft frischgebackener Zitronentarte in der Nase hat, dann schmökert man vermutlich gerade in Marina Kirschners neuem Roman "Zusammen sind wir wundervoll". Denn man hat beim Lesen fast das Gefühl, sich direkt in Annas Backstube zu befinden. Das Café "Sonnigsüß" in Salzburg - hier zaubert Anna verschiedenste Kuchen und Torten. Süße Leckereien, die einem magische Momente bescheren. Anna ist Anfang 30 und führt seit einigen Jahren mit Leidenschaft das Café ihrer Oma weiter. Es ist ein Ort, wo Menschen zusammenkommen, sich wohl und geborgen fühlen. Wie zum Beispiel die 11-jährige Mira, die Wissen aufsaugt, wie ein Schwamm. Die Mathe und Physik mag - alles nachvollziehbar und beweisbar, im Gegensatz zu Gefühlen. Gefühle machen das Leben kompliziert, findet Mira. Sie ist nicht gerne zu Hause. Viel lieber trifft sie sich nach der Schule bei Anna mit Herrn Havel, einem verwitweten älteren Herrn, mit dem Mira wunderbar philosophieren kann. Und dann ist da n...

Die sieben Schwestern

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Bis vor kurzem war ich ja noch der Meinung, dass die Reihe der "Sieben Schwestern" von Lucinda Riley nichts für mich ist. Vor vielen Jahren habe ich von der Autorin "Das Orchideenhaus" gelesen. Ich kann mich erinnern, dass es ganz nett war, mehr aber auch nicht. Somit wollte ich meine kostbare Lesezeit nicht in so 'leichte Kost' investieren, zumal es sich um sieben dicke Wälzer handelt. Tja, und dann habe ich vor drei Wochen in unserer Gemeindebücherei mal die ersten Seiten von "Die sieben Schwestern" gelesen... und kam nicht mehr davon los. Inzwischen bin ich beim sechsten Buch und immer noch sehr begeistert. Besonders neugierig bin ich auf "Die verschwundene Schwester". Da gehen die Meinungen ja extrem auseinander. Mein Fazit bisher: Ja, es ist leichte Kost, aber toll und spannend erzählt. Und sehr gut gemacht finde ich in den einzelnen Romanen die Sprünge in die Vergangenheit und die damit verbundenen historischen Geschichten. Von m...

Elizabeth Strout - immer wieder großartig!

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  Ein neues Buch von Elizabeth Strout - da weiß man im Vorfeld schon, dass einen Großartiges erwartet. Und tatsächlich ist "Oh William" wieder meisterhaft geworden. Die Protagonistin Lucy Barton ist uns bereits aus den Romanen "Die Unvollkommenheit der Liebe" und "Alles ist möglich" bekannt. Nun blicken wir mit ihr zurück. Wir blicken zurück auf ihre Ehe mit William, ihrem ersten Mann, mit dem sie sich nach wie vor verbunden fühlt. Ganz klassisch greift Elizabeth Strout in dieser Lektüre wieder alltägliche Themen auf und  schreibt sehr einfühlsam, aber auch mit einer Prise Humor unter anderem über Ehe, Familie, Trauer und das Älterwerden. Entstanden ist ein Buch voller Herzenswärme - einfach sensationell und absolut empfehlenswert! "Oh William" ist im Luchterhand Verlag erschienen, wurde aus dem Amerikanischen von Sabine Roth übersetzt und hat 224 Seiten.  www.penguinrandomhouse.de/Oh-William/Elizabeth-Strout

Vom Anderssein und von weißem Badeschaum

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  Lena Gorelik ist eine deutsche Schriftstellerin mit russisch-jüdischen Wurzeln. 1992 kam sie als 11-Jährige mit ihrer Familie nach Ludwigsburg. Wie fühlt es sich an, wenn man fremd ist? Wie wird man heimisch in einem Land, dessen Sprache man erst lernen muss? Die Autorin hat darüber einen autobiografischen Roman geschrieben und sich in "Wer wir sind" unter anderem mit diesen Fragen auseinandergesetzt. Sie erzählt uns von ihrer ersten Begegnung mit wunderbarem Badeschaum, von dem Glücksgefühl, das die weiße Pracht in ihr ausgelöst hat, erzählt von ihrer ersten Original-Barbie aus den USA. Und sie greift in ihrem Buch unter anderem auch Themen wie Antisemitismus und Rassismus auf. Die Journalistin und Schriftstellerin hat mit "Wer wir sind" wieder eine großartige Lektüre geschaffen. Sie versteht es meisterhaft, mit Worten zu spielen. Nicht umsonst wurde sie bereits vielfach für ihre Werke ausgezeichnet. Ich hatte das Glück, Lena Gorelik vor ein paar Tagen live ...

Verschiedene Ansichten

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Als Kaspar eines Abends aus seiner Buchhandlung nach Hause kommt, findet er seine Frau tot in der Badewanne vor. War es Selbstmord oder ein Unfall? Birgit hatte Depressionen und Alkoholpropleme. Und wie Kasper aus ihren Aufzeichnungen erfährt, hatte sie auch ein Geheimnis. Er macht sich auf die Suche und begibt sich auf die Spuren der Vergangenheit seiner Frau. Diese Spuren führen ihn in den Osten Deutschlands zu einer völkischen Gemeinschaft, zu Svenja, Birgits Tochter, die nach ihrer Geburt in der damaligen DDR von ihrer Mutter weggegeben wurde. Und die Spuren führen somit auch zu Svenjas 14-jähriger Tochter Sigrun, der Enkelin von Birgit. Bernhard Schlink hat mit "Die Enkelin" wieder einen großartigen Roman geschrieben. Mit einer ruhigen, klaren Sprache, die doch gleichzeitig so wuchtig und beeindruckend ist, erzählt er aus dem Leben des Buchhändlers Kaspar. Erzählt rückblickend über dessen Studentenzeit. Wir erfahren, wie Kaspar in der ehemaligen DDR in den 60er-Jahren ...

Der Gott des glücklichen Augenblicks

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"War der Augenblick ein glücklicher, in dem sie damals, als neunzehnjähriges Mädchen, Hans traf?" Das fragt sich Katharina, die Protagonistin in Jenny Erpenbecks neuem Roman "Kairos", als sie zwei Kartons bekommt - vollgepackt mit Aufzeichnungen aus ihrer Vergangenheit - und diese durchsieht. Wir begeben uns zurück in die späten 1980er Jahre. Katharina ist 19, als sie in Ostberlin durch Zufall Hans begegnet. Er ist 53, verheiratet und hat einen Sohn. Es entsteht eine intensive Beziehung zwischen den beiden, die durch diverse Ereignisse zunehmend toxischer wird. Vor dem Hintergrund der untergehenden DDR erzählt Jenny Erpenbeck, die selbst in Ostberlin geboren ist, meisterhaft und kraftvoll von dieser sehr speziellen Liebe zwischen den beiden Hauptfiguren und von einem Land, das dabei ist, auseinander zu brechen. "Kairos" ist kein Roman, der sich einfach so dahinlesen lässt. Man muss sich auf die Lektüre einlassen und sie langsam genießen, Stück für ...