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Herrlich skurril und makaber

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  Björn Diemel hat gerade seinen 45. Geburtstag hinter sich gebracht und macht sich nun so seine Gedanken über das Leben und das, was noch kommen könnte. Sein Therapeut Joschka Breitner rät ihm zu einer Pilgerreise. Nach einigem Hin und Her macht sich Björn also auf den Jakobsweg. Sein Fußmarsch nach Santiago de Compostela verläuft allerdings nicht ohne Zwischenfälle, denn schon auf der zweiten Etappe gibt es einen Toten. Und dieser ist nicht zufällig an Herzversagen gestorben, sondern wurde erschossen. "Achtsam morden am Rande der Welt" ist der dritte Band um Björn Diemel und setzt die Bücher "Achtsam morden" und "Das Kind in mir will achtsam morden" fort. Man kann den Roman aber problemlos lesen, ohne die Vorgänger zu kennen. Mir hat dieses Buch großes Vergnügen bereitet. Mit schwarzem Humor erzählt Karsten Dusse wunderbar skurril und makaber vom Leben des Rechtsanwalts Björn Diemel, von dessen Beziehung zu seiner Ex-Frau Katharina und deren gemeins...

Ein schöner Schmöker

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  Fritz und Emma kennen sich schon seit ihrer Kindheit. Sie sind am selben Tag im selben Jahr in Oberkirchbach geboren. Irgendwann wurde aus ihnen ein Paar. Und als Fritz 1947 aus dem Krieg und der Gefangenschaft zurückkehrt, wollen sie heiraten. Doch dann geschieht etwas, das beider Leben verändert. Von einem Tag auf den anderen gehen sich Fritz und Emma aus dem Weg und reden kein Wort mehr miteinander. 2019 zieht Marie mit ihrem Mann Jakob nach Oberkirchbach, denn Jakob hat in dem verlassenen Dorf die Pfarrstelle bekommen. Nach und nach lernen die beiden die Dorfbewohner kennen - auch Fritz und Emma. Und als Marie erfährt, dass sich die 92-jährigen seit Jahrzehnten meiden und kein Wort mehr miteinander reden, beschließt sie zu handeln. Barbara Leciejewskis neuer Roman "Fritz und Emma" ist ein toller Schmöker. Ein regelrechter Pageturner, wie man so schön sagt. Die Geschichte springt in einzelnen Kapiteln zurück in die Vergangenheit und erhält dadurch Spannung. Sehr beweg...

Auszeit an der Nordsee

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  Toni reist durch die Welt auf der Suche nach Heimat, kann aber nirgendwo sesshaft werden. Als sie Teenager war, beschlossen ihre Eltern, Berlin zu verlassen und ein neues Leben auf dem Land zu beginnen. Richtig zu Hause hat Toni sich im Gegensatz zu ihrer älteren Schwester Caro in St. Peter-Ording allerdings nicht wirklich gefühlt. Als sie einen Anruf, sozusagen einen Hilferuf, von ihrem Vater bekommt, beschließt sie, ihre Zelte auf Costa Rica abzubrechen und zurück an die Nordsee zu kommen. Was sie da am Ferienhof ihrer Familie erwartet ist alles andere als rosig, sondern eher chaotisch. Und dann holen Toni dort noch die Schatten der Vergangenheit ein, die es zu bekämpfen heißt. Meike Werkmeister hat mit "Der Wind singt unser Lied" einen tollen Wohlfühlroman geschrieben, der sich schön und leicht lesen lässt, ohne kitschig zu sein. Die einzelnen Charaktere sind sehr gut und treffend beschrieben. Man fühlt mit den Menschen in der Geschichte mit, weint und lacht mit ihn...

Berührend und erschreckend zugleich

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Klara ist eine KF, eine künstliche Freundin. Wir lernen sie in einem Geschäft kennen, wo sie sich mit anderen KFs befindet, die wie sie selbst darauf warten, von Jugendlichen als Alltagsgefährten ausgewählt zu werden. Die 13-jährige Josie entdeckt Klara im Schaufenster des Ladens und ist sofort begeistert von ihr. Das Mädchen kann ihre Mutter dazu bewegen, die KF zu kaufen. Somit beginnt für Klara ein neuer Abschnitt in ihrem Dasein. Sie wird nun mit Menschen leben, den Alltag einer Familie kennenlernen und die Aufgabe haben, sich um Josie zu kümmern. Sie wird aber auch lernen müssen, mit den Emotionen der Menschen umzugehen und erfahren, dass es zwei Schichten gibt. Da sind zum einen die Gehobenen, die genmanipuliert wurden, um im Leben erfolgreich zu sein. Und dann wird sie Rick treffen, den besten Freund von Josie. Er gehört zu den Ungehobenen, daher stehen ihm nicht alle Wege offen.  "Klara und die Sonne" ist eine beeindruckende und berührende, aber auch beängstigende Ges...

Wenn Gegenwart und Vergangenheit kommunizieren

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  Atsuya, Shota und Kohein sind auf der Flucht und entschließen sich, die Nacht in einem alten Gemischtwarenladen zu verbringen. Kaum sind die Kleinkriminellen dort angekommen, wird von außen ein Brief durch einen Schlitz in den Laden geworfen. Und es bleibt nicht bei dem einzigen Brief. Die Post ist für Yuji Namiya gedacht, der vor vielen Jahren dort gelebt und gearbeitet hat und den Leuten mit sehr wertvollen Ratschlägen zur Seite stand. Schnell stellt sich heraus, dass das verlassene Geschäft ein Geheimnis birgt. Ein Geheimnis, das die Männer ganz schön durcheinander bringt. "Kleine Wunder um Mitternacht" erzählt in mehreren Episoden von ganz unterschiedlichen Menschen und deren Problemen im Leben. Sie alle wenden sich an Yuji Namiya, um Hilfe zu bekommen. Was anfangs wie einzelne Geschichten aussieht, entwickelt sich zunehmend zu einem stimmigen Ganzen. Keigo Higashin ist vor allem durch seine erfolgreichen Krimis bekannt. Unter anderem die Physikprofessor-Yukawa-Re...

Melancholie

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  Eine einsame Telefonzelle - sie steht eine Tagesfahrt von Tokio entfernt. Telefonieren kann man hier nicht, zumindest nicht im herkömmlichen Sinne. Aber Gespräche kann man führen, wenn man den Hörer abnimmt, und den Stimmen seiner verstorbenen Angehörigen lauschen, die der Wind auf Reisen schickt. Die Radiomoderatorin Yui hat 2011 im Tsunami ihre Liebsten verloren. Daher kommt auch sie zur Telefonzelle am Ende der Welt, um an diesem magischen Ort ihrer Tochter und ihrer Mutter näher zu sein. Dort im Bell Gardia, dem Garten am Meer, lernt sie den Arzt Takeshi kennen, der ebenfalls einen schweren Schicksalsschlag erlitten hat. Laura Imai Messina, die in Rom geboren wurde und mit dreiundzwanzig Jahren nach Japan zog, hat mit "Die Telefonzelle am Ende der Welt" einen wunderbaren Roman geschrieben, der in Italien und Großbritannien wochenlang auf der Bestsellerliste stand. Inspiriert von einer wahren Geschichte ist ein leises Buch entstanden, das einen sehr berührt und verza...

Einfach großartig!

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  Um es schon mal vorweg zu nehmen - dieser Roman ist einfach wunderbar, ein Highlight am Bücherhimmel! Unbeschreiblich - dieses Gefühl, wenn einen ein Buch ab der ersten Seite berührt, ja, regelrecht von einem Besitz ergreift, in die Geschichte hineinzieht. Man fühlt mit den Protagonisten auf eine dermaßen intensive Art mit. So ging es mir bei Ewald Arenz' neuem Roman "Der große Sommer", der heute erscheint. Ich hatte das Glück, ein Leseexemplar zu bekommen und das Buch somit schon vorab lesen zu dürfen. Frieder ist 16. In der Schule kämpft er erfolglos mit Mathe und Latein, was dazu führt, dass er schließlich in die Nachprüfungen muss. Während seine Familie im Süden Urlaub macht, verbringt er die Sommerferien zu Hause bei seinen Großeltern und muss mit seinem Großvater lernen. "Der große Sommer" ist ein tiefgehender Coming-of-Age-Roman, der Anfang der 80er-Jahre spielt und zwischendurch in kurzen Abschnitten in unsere gegenwärtige Zeit springt und hier ...